Modell der Doppelschlossanlage Harkotten

Die Doppelschlossanlage Harkotten ist aus einer Wasserburg hervorgegangen, deren Ursprünge sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Infolge einer Erbteilung wurde die Burg ab 1615 von zwei Familien, den Freiherrn von Korff und den Freiherrn von Ketteler, bewohnt. Die Wirtschaftsgebäude und die Kapelle wurden über Jahrhunderte gemeinsam genutzt.


© Birgit Gropp
Ein Bronzemodell veranschaulicht die baulichen und funktionalen Zusammenhänge der Doppelschlossanlage. Es wurde 2020 von dem Beckumer Bildhauer Paul Tönnißen geschaffen.

1. Haus von Ketteler (1754–69)

1754 ließ die Familie der Freiherrn von Ketteler ihren Teil der ehemals gemeinsam genutzten Wasserburg abreißen und an gleicher Stelle ein repräsentatives, barockes Herrenhaus nach Plänen des fürstbischöflichen Feldhauptmanns und Landesingenieurs Johann Leonhard Mauritz von Gröninger erbauen. Fertiggestellt wurde es erst im Jahr 1767, da die Bauarbeiten während des Siebenjährigen Krieges von 1758 bis 1763 unterbrochen wurden. Die Freitreppe wurde sogar erst 1796 vollendet. Nach 1800 kam nördlich des Gebäudes eine Gartenanlage hinzu, die sich an barocken Vorbildern orientierte.

Der verputzte Backsteinbau mit Werksteingliederungen erhebt sich in zwei Geschossen über einem hohen Sockelgeschoss und ist durch ein flaches Mansarddach abgeschlossen. Die südliche Schaufassade hat einen konvex vorschwingenden Mittelrisalit. Über der doppelläufigen Freitreppe befindet sich im geschweiften Giebel das Allianzwappen der von Ketteler und von Korff.


© Andreas Lechtape


© Andreas Lechtape

2. Haus von Korff (1804–31)

Friedrich Anton Freiherr von Korff zu Harkotten und seine Gemahlin Rosine Freifrau von Korff zu Harkotten, geb. Gräfin von Korff-Schmising zu Tatenhausen, beauftragten Adolf von Vagedes 1804 mit der Errichtung des Herrenhauses im Stil des Klassizismus. 2015 wurde das Gebäude als national wertvolles Kulturdenkmal eingestuft, da es ein herausragendes Beispiel adliger Bauweise aus der Zeit um 1800 darstellt. Es dokumentiert u. a. den großen Einfluss Frankreichs auf die Architekturauffassung auch im norddeutschen Raum. Die 2014 in diesem Gebäude wiederentdeckten Wandmalereien des Rietberger Künstlers und Hofmalers Phillip F. Bartscher aus den Jahren 1814 bis 1816 unterstreichen die kunsthistorische Bedeutung des Objektes.

Eine Reihe von Merkmalen charakterisiert das Herrenhaus als klassizistischen Bau nach französischem Geschmack: Es steht als breiter Riegel mit zwei Stockwerken auf einem hohen Sockelgeschoss. Die Fassade ist streng symmetrisch gegliedert. Sie hat neun Fensterachsen. Der Eingangsbereich ist drei Fensterachsen breit und wird durch einen Balkon mit vier dorischen Säulen besonders betont. Darüber befindet sich ein Dreiecksgiebel mit den liliengeschmückten Wappen des Erbauer-Ehepaares. Links und rechts sind die Seiten durch besondere Fenster hervorgehoben: Im Sockelgeschoss sind sie halbrund (Thermenfenster), und im Obergeschoss bestehen sie aus einer Rundbogenarkade mit seitlichen Rechteckfenstern (Serliana). Darüber befinden sich plastisch gearbeitete Girlanden als Bauschmuck. Flache, schmale Bänder aus Sandstein rahmen die seitlichen Bereiche der Fassade. Darüber sind Balustraden aufgesetzt, die den Dachansatz überragen.

3. Rentei mit Café im Wappensaal (1831)

Nachdem im Zuge des Schlossneubaus die Gräften des Korff'schen Anteils zugeschüttet worden waren, wurden 1831 auch die übrigen Außenanlagen umgestaltet. Nördlich des Herrenhauses wurde ein Wirtschaftsgebäude (Rentei) errichtet – als Ersatz für das baufällig gewordene Stallgebäude, welches ursprünglich in der Nähe der Kapelle als Stall für die Esel und Pferde gedient hat.

Heute befinden sich in diesem Gebäude die Büros der Gutsverwaltung sowie das Café im Wappensaal und der Harkottener Schlossladen.

Wenn Sie die Innenräume des Herrenhauses besichtigen möchten, können Sie im Café im Wappensaal einen Termin für eine persönliche Führung vereinbaren oder zu bestimmten Zeiten den Mediaguide für einen Rundgang ausleihen.


© Andreas Lechtape

4. Schwarze Brücke (1841)

Die Schwarze Brücke, die von Westen auf das Herrenhaus von Korff über die Gräften zuführt, wurde von August Freiherr von Korff zu Harkotten, dem ältesten Sohn und Erben des Bauherrn Friedrich Anton von Korff errichtet. Er widmete sie dem Andenken an seine erste Frau und große Liebe, Pauline Freifrau von Korff, geb. Grüter von Morrien. Pauline war bereits acht Monate nach der Vermählung an einer Lungenerkrankung gestorben. In den rechten Brückenpfosten wurden ihr Name und ihr Todesjahr eingemeißelt, im linken Brückenpfosten hat sich August Freiherr von Korff selbst verewigt.

5. Gartenrondell mit Teich (1831)

Etwa zeitgleich mit dem Bau des Renteigebäudes wurde der vor dem Haus gelegene Blumengarten in ein Gartenrondell mit rundem Teich verwandelt. Zu diesem Zeitpunkt entstand auch die „Avenue“, die neue Zufahrt, die das Haus von Westen erschließt.


© Andreas Lechtape

6. Kapelle (1744)

Die katholische Antoniuskapelle geht zurück auf eine Zeit, in der die Güter noch nicht geteilt waren. 1309 war der Bau einer Kapelle genehmigt worden, um dann 1311 vom Erzbischof von Münster eingeweiht zu werden. Der heutige Bau mit dem kleinen Saal stammt aus dem Jahr 1744. Er wurde errichtet, nachdem ein Brand den Vorgängerbau zerstört hatte.

7. Försterhaus, Backhaus und Stallungen

Die Neben- und Wirtschaftsgebäude wurden über Jahrhunderte von beiden Familien gemeinsam genutzt. Im Gebäude, welches sich nach Süden direkt an die Kapelle anschließt, befanden sich ehemals Stallungen und im rechten Winkel ein Wohngebäude (das sogenannte Försterhaus) und das Backhaus.

8. Dreschhaus

Die große Fachwerkscheune, das Dreschhaus bzw. die Kornscheune, diente zum Dreschen und Aufbewahren des Getreides.

9. Torhäuser

Die beiden Torhäuser im Süden der Anlage gehören zu den ältesten Gebäuden der Schloss- bzw. Burganlage. Sie dienten zur Unterbringung der Wachposten, die den einzigen Zugang zur Burganlage bewachten. Von hier aus führte ein Weg Richtung Süden direkt zur Dorfkirche nach Füchtorf, deren Patronat die Familie von Korff über viele Jahrhunderte innehatte.


© Birgit Gropp

10. Gericht und Gefängnis

Das Gerichtshaus mit Gefängnis erinnert daran, dass die Herren von Harkotten bis in die Zeit um 1800 Gografen waren, das heißt, sie übten für den Kreis Warendorf die Gerichtsrechte aus. Harkotten war eine von 25 sogenannten adeligen Herrlichkeiten im Münsterland. Zu Gericht gesessen wurde unter einer alten Gerichtslinde. Sie stand außerhalb der Schlossanlage – am Ende der Allee südlich der Wachhäuschen

11. Müllerhaus und Mühle

Gegenüber der Kornscheune (8) steht das Müllerhaus. Seitlich davon befindet sich die noch im Kern mittelalterliche Fachwerkmühle. Aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeit des Wassers in der Gräftenanlage konstruierte man ein waagerecht liegendes Mühlrad, welches sich heute noch im Mühlenhaus befindet.


© Andreas Lechtape

12. Mühlenkolk

Durch Ziehen der „Schütten“ konnte der Wasserstand für die Gräfte reguliert und gleichzeitig das Mühlenrad angetrieben werden. Von hier aus fließt das Wasser Richtung Süden in die sogenannte Umflut, den Kristianengraben.

13. Mälzhaus

Im alten Mälzhaus befand sich vormals die Kornbrennerei. Heute dient es als Wohnhaus.

14. Obstgärten

Obst- und Gemüsegärten sowie ein nicht erhaltener Torfschuppen, ein Brauhaus und eine Brennerei vervollständigten die Wirtschaftsanlagen

Skulpturen

Hl. Nepomuk

Der Hl. Johannes von Nepomuk ist bekannt als Brückenheiliger und als Patron des Beichtgeheimnisses. Die Familie von Korff verehrte den hl. Johannes von Nepomuk als ihren Schutzheiligen, und sowohl August von Korff als auch sein Vater Friedrich Anton von Korff waren u. a. auf den Namen „Nepomuk“ getauft. Aus dem Tagebuch des Freiherrn August von Korff wissen wir, dass er die Figur zu Ehren seiner zweiten Frau Auguste bei einem Antiquar in Münster erworben hat. Das Bildwerk stammt aus einem aufgehobenen Kloster. Geschaffen hat es wohl der münsterische Bildhauer Johann Wilhelm Gröninger zu Beginn des 18. Jahrhunderts.
Auf der Rückseite des Sockels, auf dem die Statue steht, ist der folgende Text eingemeißelt:
„O Gott, der Du den hl. Johannes wegen seiner unüberwindlichen Standhaftigkeit in Beobachtung des Beichtsiegels mit der Märtyrerkrone geziert hast, gib dass wir durch seine Fürbitte und nach seinem Beispiel unsere Zunge mit aller Vorsicht bewahren und lieber alles in dieser Welt als Schaden an der Seele leiden. Amen“


© Birgit Gropp


© LWL/H. Kalle

Apollo

Auf der Zufahrt zum Haus Harkotten-von Ketteler steht eine Skulptur des Apollo (Mitte 18. Jahrhundert). Der Sohn des Göttervaters Zeus und der Göttin Leto ist hier mit Zither als Beschützer der schönen Künste, insbesondere der Musik, dargestellt. Bemerkenswert ist, dass er nicht die Ankommenden begrüßt, sondern vielmehr die vom Schloss von Ketteler Aufbrechenden verabschiedet.

Das Modell wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung von

Freunde und Förderer des Denkmals Harkotten e.V.